„Low Migration“ im UV-Etikettendruck – Teil 3

Nach der Klärung der Relevanz vom migrationsarmen Drucken im ersten Teil dieser Artikelserie wurden im zweiten Teil die Auswirkungen eben dieses Druckens in der Praxis aufgezeigt. In diesem dritten und letzten Teil der Artikelserie sollen nun einige konkrete Herausforderungen bei der Anwendung von migrationsarmen Farben erörtert werden. Dabei sollen nicht wissenschaftliche Zusammenhänge, sondern die Auswirkungen auf den Alltag des Etikettendruckers im Vordergrund stehen.

Was sind migrationsarme UV-Farben?

Gleich zu Beginn gilt es festzuhalten, dass es keine migrationsfreien Farben gibt. Auch die ausschliessliche Anwendung von migrationsarmen Farben ist keine Garantie dafür, dass die entsprechenden Vorschriften eingehalten werden können. Ferner ist “low migration” weder ein internationaler Standard, noch ein geschützter Begriff. Es handelt sich lediglich um eine Sammelbezeichnung für Farbserien mit optimiertem Migrationsverhalten. Im Vergleich zu physikalisch trocknenden Farben (Bsp. Lösemittelfarben) bleibt der Trocknungsprozess bei den chemisch trocknenden UV-Farben immer heikler bzw. anfälliger auf Fehler. Aber auch chemisch trocknende Farben haben Migrationsschwachpunkte, wie zum Beispiel die Restölproblematik bei oxydativ trocknenden Offsetfarben zeigt.

An dieser Stelle den detaillierten, chemischen Aufbau einer migrationsarmen Farbe zu beschreiben würde den Rahmen eines Artikels, der den Schwerpunkt auf die Anwendung der besagten Farben in der Praxis setzt, sprengen. Allerdings gibt es Wechselwirkungen im Farbaufbau, die weitreichende Konsequenzen bei der täglichen Anwendung auf einer Druckmaschine haben:

  • Farbkosten: Grundsätzlich müssen für migrationsarme Farben reinere, aber auch besser abgestimmte Rohmaterialien eingesetzt werden. Beide Anforderungen treiben die Rohmaterialkosten in die Höhe.
  • Migrationsverhalten: Die heute eingesetzten Rohstoffe zur Optimierung des Migrationsverhaltens führen in aller Regel zu einem verlangsamten Trocknungsprozess. Dies hat zur Folge, dass bei gleichbleibender Maschinengeschwindigkeit eine höhere UV Trocknungsleistung im Vergleich zu konventionellen Farben notwendig ist.
  • Farbhaftung: Fast alle Anstrengungen, das Migrationsverhalten der Farbe zu optimieren, führen unmittelbar dazu, dass die Adhäsionskraft der Farbe (Farbhaftung) abnimmt.

     

    Der Farbhersteller ist also bestrebt, einen anwendungsabhängigen Kompromiss zwischen den drei Faktoren Kosten, Haftung und Migration zu finden. Für den Etikettendrucker heisst dies, dass er die Farbauswahl noch spezifischer auf das jeweilige Anwendungsgebiet abstimmen muss als bisher. Nur so lässt sich im Alltag eine sinnvolle Balance zwischen Kosten und Funktion finden.

    Bild 1: Wechselwirkungen bei der Herstellung von migrationsarmen Druckfarben

    Verarbeitung von migrationsarmen Farben auf einer Druckmaschine

    Vor der Umstellung einer bestehenden Druckmaschine auf migrationsarmes Drucken (verl. Artikel 2) ist es empfehlenswert, die in Frage kommenden Farbserien in den unterschiedlichen Anwendungen ohne Produktionsstress zu testen. In aller Regel lässt sich feststellen, dass der Druckprozess nicht mehr gleich reagiert wie bei konventionellen Farben. Häufig zeigen sich in der Praxis folgende Veränderungen:

     

  • Reduzierte Farbhaftung: Oft wird die Farbhaftung mit mangelnder Durchtrocknung verwechselt, was nicht immer der Fall sein muss. Es ist ratsam, hier geeignete Testverfahren zur sicheren Ursachenfindung anzuwenden. Wird definitiv festgestellt, dass die Farbhaftung nicht den Erwartungen entspricht, muss zuerst die Tauglichkeit der Farbe für die entsprechende Applikation überprüft werden. Lässt sich durch geeignete Farbserien bzw. alternative Bedruckstoffe keine Verbesserung erzielen, so bleibt oft nur der Weg, vorgängige Primer-Schichten aufzutragen.
  • Mangelnde Oberflächentrocknung: Handelt es sich wirklich um ein Problem der Oberflächentrocknung, so muss als erstes festgestellt werden, ob die UV-Leistung noch erhöht werden kann oder ob man mit reduzierter Maschinengeschwindigkeit eine Verbesserung erzielen kann. Lässt sich eine Verbesserung feststellen, so gilt es, die UV-Anlage auf den korrekten Betrieb zu prüfen. “Blinde” Reflektoren, UV-Röhren mit zu hoher Brenndauer und allfällige Verschmutzungen des Quarzglases sind oftmals Störfaktoren, die sich erst beim migrationsarmen Drucken bemerkbar machen.
  • Mangelnde Tiefentrocknung: Zeigt sich, dass die Grenz-Farbschicht zwischen Bedruckstoff und Farbfilm nicht durchgetrocknet ist, so weist dies auf einen zu hohen Farbauftrag hin. Die Farbhersteller definieren in aller Regel den maximal zulässigen Flächenauftrag. Durch eine Reduktion des Farbauftrags kann schnell festgestellt werden, ob sich eine Verbesserung einstellt. Auch hier gilt es, zusätzlich den korrekten Betrieb der UV-Anlage zu überprüfen. Ebenfalls kann hier aber der Einsatz von dotieren UV-Röhren mit besserer Tiefenwirkung Sinn machen.

Bild 2: Wirkung der Standard Dotierungen (Typische Gesamtaufteilung 30% UV-Licht, 15% sichtbares Licht, 55% Infrarot)

Erst wenn das Verhalten der zu produzierenden Anwendungen bekannt ist und für allfällige Probleme zufriedenstellende Lösungen gefunden wurden, empfiehlt sich die Umstellung einer bestehenden Maschine auf migrationsarmen Druck. Sind die Resultate nach wie vor nicht zufriedenstellend, so muss unter Umständen eine Neu-Evaluation des Trocknungssystems durchgeführt werden. Oftmals können bestehende UV-Trocknungsanlagen zu leistungsstärkeren UV-Trocknungsanlagen ausgebaut oder komplett ausgetauscht werden. Bei Neu-Evaluationen von Druckmaschinen kann manchmal auch eine UV-Trocknungsanlage mit Stickstoffinertisierung in Betracht gezogen werden. Durch den Austausch der Sauerstoffatmosphäre im Druckspalt gegen eine Stickstoffatmosphäre (Inertisierung) wird die Trocknungseffizienz massgebend verbessert. Ein beratendes Gespräch mit dem Maschinenhersteller lohnt sich in jedem Fall, denn es sollte generell Abstand von der Zumischung von Additiven in migrationsarme Farben genommen werden.

Zusammenfassung

Das migrationsarme Drucken im UV-Etikettendruck steht ganz am Anfang. Mit zunehmender Erfahrung im Umgang mit den entsprechenden Vorschriften bzw. bei der Umsetzung der Vorschriften im Alltag werden sich auch die Sicherheit und Effizienz in der Anwendung verbessern. Zudem ist zu erwarten, dass sich die migrationsarmen UV-Druckfarben weiterentwickeln und in Zukunft eine einfachere Verarbeitung zulassen.

Sind die Migrationsvorschriften der Verpackungen heute noch ausschliesslich auf Lebensmittelprodukte anzuwenden, so darf man annehmen, dass in Zukunft auch Hygiene- und Kosmetikprodukte strengeren Vorschriften unterworfen werden. Es lohnt sich also auf jeden Fall, sich jetzt schon mit dem migrationsarmen UV-Etikettendruck zu befassen.

Grosse Markenartikelhersteller und Einzelhandelsketten wenden die bestehenden Vorschriften bereits heute strikte an und werden dies auch in Zukunft - aller Voraussicht nach - verschärft tun. Imageprobleme und die daraus resultierenden Kostenfolgen durch kontaminierte Lebensmittel sind im globalen Trend zu „sauberen Lebensmitteln“ ein absolutes Worst-Case Szenario. Den Markenartikelherstellern und Einzelhandelsketten geht es also vor allem um die Risikominimierung. Für den Etikettendrucker bietet sich dadurch trotz all der Herausforderungen des migrationsarmen Druckens auch die Chance, sich am Markt nachhaltig zu differenzieren.

Bei Gallus sind wir überzeugt davon, dem Etikettendrucker mit unseren Produkten und Beratungsleistungen auch im Bezug auf das migrationsarme Drucken einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil verschaffen zu können. Gallus unterstützt seine Kunden gerne mit Materialempfehlungen, Schulungen, Service und drucktechnischer Hilfe. Kontaktieren Sie uns, gerne stehen wir Ihnen zur Verfügung.